Hoffen auf einen Neuanfang

Wie die Fraktionen im Nürtinger Gemeinderat das Ergebnis der Oberbürgermeisterwahl erlebten

Die Zeichen stehen auf Neubeginn. Zumindest ist der Wunsch danach unüberhörbar. So lassen sich die Stimmen aus dem Nürtinger Gemeinderat nach Otmar Heirichs Erfolg in Runde 2 der Oberbürgermeisterwahl dem ersten Eindruck nach deuten.

VON JÜRGEN GERRMANN

NÜRTINGEN. Den „Glückwunsch an den Sieger“ brachte zum Beispiel auch Dieter Braunmüller, der Fraktionschef von Nürtinger Liste/Grüne, den viele für einen der erbittertsten Gegner des amtierenden Stadtoberhaupts gehalten hatten, dar. Allerdings war er auch der Meinung: „Der OB kann mit diesem Ergebnis nicht zufrieden sein.“ Das Protestpotenzial in der Stadt sei weiterhin hoch. Nun gelte es, eine Denkpause einzulegen und das Wahlergebnis gemeinsam zu analysieren – im Miteinander von Verwaltung und Gemeinderat.

„Der OB kann mit diesem Ergebnis nicht zufrieden sein.“
Dieter Braunmüller, Nürtinger Liste/Grüne

Auch Thaddäus Kunzmann, Vorsitzender der CDU-Fraktion, gratulierte. „Es war wichtig, dass es im zweiten Wahlgang ein klareres Ergebnis gegeben hat“, befand er darüber hinaus. Nürtingen müsse nun nach vorne schauen. Und die Christdemokraten bauten darauf, dass Otmar Heirich seinen Führungsstil so ändere, dass er wirklich auf alle im Gemeinderat zugehe – das sei nötig, wenn er wirklich, wie in seiner Rede nach seinem Wahlsieg angekündigt, mit allen zusammenarbeiten wolle, die guten Willens seien. Angesichts des deutlichen Erfolgs Heirichs gehe Sebastian Kurz indes etwas unter: „Sein Ergebnis aus dem ersten Wahlgang bleibt. Und sein politischer Weg wird mit diesem Abend nicht beendet sein.“
„Wir freuen uns, dass Otmar Heirich so klar gewonnen und die Vernunft gesiegt hat“, sagte Bärbel Kehl-Maurer, die Vorsitzende des SPD-Ortsvereins Nürtingen. Mit dem amtierenden OB seien Erfahrung und Kompetenz gewählt worden. Und angesichts der knapp 50 Prozent könne ihr Parteifreund seine zweite Wahlperiode gut angehen. Wichtig sei es, dass dieses Wahlergebnis auch die hohe Akzeptanz für die Verwaltungsspitze aus Otmar Heirich und Claudia Grau gezeigt habe. „Dieses Team hat immerhin über 80 Prozent der Stimmen bekommen“, ergänzte Dr. Hans-Wolfgang Wetzel, der Fraktionsvorsitzende der SPD.
Darauf hob auch Helmut Nauendorf von den Freien Wählern ab. Und er, der von Anfang an für Heirichs Wiederwahl angetreten war, wollte dann nur noch eines sagen: „Ich bin rundum zufrieden.“
Matthias Hiller von den Jungen Bürgern sprach von einem „Ergebnis, mit dem alle künftig gut zusammenarbeiten können.“ Denn: „80 Prozent wollten Erfahrung an der Spitze der Stadt. Und das haben die beiden.“ Nun hoffe er, dass die Gräben in der Stadt zugeschüttet würden und man zu einer normalen Zusammenarbeit zurückkehren könne: „Wir Junge Bürger wollen unseren Teil dazu beitragen.“
„Wir sind zufrieden“, gab der Fraktionsvorsitzende der Freien Wähler, Dr. Otto Unger, zu Protokoll. Otmar Heirichs Ergebnis sei eine Basis für eine „gute und entwicklungsfähige Zusammenarbeit“ in der Zukunft. In den letzten Tagen hatte es ja in der Stadt für gewisses Erstaunen gesorgt, dass Unger, der erklärtermaßen immer wieder Gegenkandidaten zum amtierenden OB gesucht und immer wieder aufs Neue angekündigt hatte, ohne dass die dann eine Kandidatur wagten, plötzlich eine Unterstützeranzeige für den zuvor so heftig Attackierten unterschrieben hatte. Er selber sagt dazu: „Ich war nie ein Gegner Heirichs. Es gab nur sachliche Differenzen.“ Aufgrund der Entwicklung der letzten Tage mit der Internet-Aktion für Claudia Grau habe dann die Mehrheit der Freien Wähler dazu entschlossen, sich für Otmar Heirich zu positionieren.

„In dieser verfahrenen Situation war das das bestmögliche Ergebnis für Nürtingen.“
Dr. Michael Brodbeck, Freie Wähler

„Ich freue mich über dieses Ergebnis“: Daraus machte FDP-Fraktionsvorsitzender Hermann Quast keinen Hehl. Und er ging sogar noch weiter: „Ich bin stolz darauf, dass die Nürtinger Bürger jetzt doch auf Erfahrung und Kompetenz gesetzt haben.“ Das Gesamtergebnis zeige aber auch, dass die Hölderlinstadt ein gutes Team für die Zukunft besitze. „Nun sind die Fraktionen im Gemeinderat gefordert, alles wieder in ein ruhiges Fahrwasser zu bringen.“
Auch Dr. Michael Brodbeck von den Freien Wählern atmete auf: „In dieser verfahrenen Situation war das das bestmögliche Ergebnis für Nürtingen. Ich bin erleichtert, dass es so gekommen ist.“ Nun hoffe er, dass der Gemeinderat wieder zu einem normalen Miteinander finde: „Zum Wohle von Nürtingen.“

„Ich bin glücklich, dass alles so bleibt, wie es war.“
Walter Pössl, CDU

Für Reinmar Wipper (Nürtinger Liste/Grüne) kommt im Ergebnis von gestern auch die altvertraute „bodenständige Grundverantwortung der Nürtinger zur Kontinuität“ zum Ausdruck. Da stünden eben auch aktuelle Konflikte zurück. „Die Nürtinger wollten keine Experimente, sondern eine Entwicklung, die die Stadt voranbringt. Und das geht nun mal nicht, indem man mitten im Strom die Pferde wechselt.“
Kurz und bündig äußerte sich Walter Pössl von der CDU: „Ich bin glücklich, dass alles so bleibt, wie es war.“