Zahlen, Vorwürfe und Fakten

Was OB-Kandidat Sebastian Kurz über die Kosten der Amtlichen Bekanntmachungen der Stadt sagt, ist nicht korrekt

Das Rechnungsprüfungsamt (RPA) einer Stadt arbeitet völlig unabhängig. Die Spitze der Verwaltung kann keinerlei Einfluss auf Prüfungen oder deren Ergebnisse nehmen. Daher besitzt es ein besonderes Gewicht, was Roland Krohmer, der Nürtinger RPA-Chef, über die Kosten für die in unserer Zeitung erscheinenden Amtlichen Bekanntmachungen sagt.

VON JÜRGEN GERRMANN

NÜRTINGEN. Der Nürtinger OB-Kandidat Sebastian Kurz konnte in seiner Druckschrift „Der Nürtinger“, die er kurz vor dem Wahlsonntag im Stadtgebiet verteilen ließ, eine „gegenseitige Abhängigkeit“ zwischen Stadt und unserer Zeitung „nur vermuten“. Dabei wurden auch Zahlen genannt, die laut Auskunft von Roland Krohmer „nachweislich falsch“ sind.
Dessen Arbeit gründet sich auf die Paragrafen ab 109 der Gemeindeordnung des Landes Baden-Württemberg. Darin heißt es unter anderem: „Das Rechnungsprüfungsamt ist bei der Erfüllung der ihm zugewiesenen Prüfungsaufgaben unabhängig und an Weisungen nicht gebunden.“
Dass die Nürtinger Zeitung die Amtlichen Bekanntmachungen der Stadt veröffentlicht, beruht auf einem offiziellen und öffentlichen Gemeinderatsbeschluss aus dem Jahre 1983.
In der damals (zur Amtszeit von Alfred Bachofer) verabschiedeten „Satzung über öffentliche Bekanntmachungen vom 19.07.1983“ heißt es: „Öffentliche Bekanntmachungen der Stadt erfolgen, sofern keine sondergesetzlichen Regelungen bestehen, durch Einrücken in die ,Nürtinger Zeitung‘.“
Ein Bekanntmachungsorgan vorzuhalten ist laut Krohmer übrigens eine gesetzliche Verpflichtung und kein irgendwie geartetes Entgegenkommen der Stadt. Schon seit über hundert Jahren sei die NZ beziehungsweise deren Vorgänger-Blätter Bekanntmachungsorgan der Stadt.
Regelmäßig zweimal die Woche darf die Stadt Nürtingen im Rahmen einer Vereinbarung mit unserem Hause auf der „Nürtinger Seite“ Einladungen zu Sitzungen des Gemeinderats und dessen Ausschüssen sowie deren Tagesordnung veröffentlichen. Aber nicht nur das.
Auch Nachrichten und Hinweise von Kulturträgern wie der Stadtbücherei, der Volkshochschule, des Kulturamts, aber auch des Bürgertreffs finden dort ihren Platz. Und auch Informationen zu Bebauungsplänen oder seitenlange Kandidaten- und Ergebnislisten von Gemeinderats- und Ortschaftsratswahlen.
Sebastian Kurz behauptet, die Stadt Nürtingen habe „im Jahre 2010 mehr als 100.000 Euro für Amtliche Bekanntmachungen überwiesen“. Das ist nicht korrekt. Offenkundig hat er zu den im Haushaltsplan ausgewiesenen 67.500 Euro noch 36.000 Euro für den Veranstaltungskalender „NTipps“ hinzugerechnet, von denen er in seinen „Kurz-Informationen“ auch schreibt.
Freilich: Dabei handelte es sich nicht, wie unterstellt wird, um den Betrag für 2010, sondern (wie auch aus einem Beschluss des Verwaltungsausschusses des Gemeinderats vom 23. November 2010 hervorgeht) um die Summe, die für drei Jahre anfiel: für 2008, 2009 und 2010. Die Stadt hatte also sogar noch einen Zinsgewinn. Die Veranstaltungshinweise kosten mithin pro Jahr 12.000 Euro – für 1000 Euro pro Monat werden alle Haushalte der Stadt für sie kostenlos mit Veranstaltungshinweisen versorgt. 9000 der 12.000 Euro werden dabei übrigens von der Stadt getragen, 3000 vom K3N, in dem viele Veranstaltungen stattfinden.

Informationen zum Bericht über die Kandidatenvorstellung

Im „Nürtinger“ wurde auch behauptet, Kurz sei bei der Berichterstattung über die offizielle Kandidatenvorstellung der Stadt ungerecht behandelt worden. Objektiv und sachlich seien daher hier die Zeilenzahlen für jeden der Bewerber aufgeführt: Otmar Heirich: 31; Sebastian Kurz: 31; Andreas Deuschle: 21; Friedrich Buck: 30; Raimund Bihn: 28; Petra Geier-Baumann: 26.