Die Höhen und die Tiefen

Wo die Kandidaten bei der OB-Wahl gestern ihre Hochburgen hatten

VON JÜRGEN GERRMANN

NÜRTINGEN. Das Endergebnis steht (zumindest vorläufig) fest. Aber dennoch – oder deswegen – lohnt die Schau aufs Detail. Wir haben einmal nachgeschaut, wo die einzelnen Kandidaten besonders stark und besonders schwach waren.

Zunächst aber einmal der Blick auf die Wahlbeteiligung. Hier schoss die Braikeschule den Vogel ab: Dies war der Wahlbezirk, der als einziger die 50-Prozent-Marke übersprang – mit 55,2 Prozent sogar ziemlich deutlich. Etwas merkwürdig, dass der zweitschlechteste Bezirk quasi direkt daneben lag. Im Kindergarten Achalmstraße (Raum B) wurden gerade mal 23,7 Prozent registriert. Ein kleiner Trost mag da sein, dass die Roßdorfschule B noch um 0,3 Prozent schlechter abschnitt. Die Wahlhelfer warteten da zehn Stunden lang auf gerade mal 171 Wähler.
Wenn alle so gewählt hätten, wie im Zizishäuser Kindergarten Seestraße, dann wäre Otmar Heirich jetzt wieder Oberbürgermeister. Da schaffte er mit 56,1 Prozent locker mehr als die Hälfte der Stimmen. Auch im Briefwahl-Bezirk 3 kam er auf 54,1 Prozent. Das einzige Wahllokal, wo er die Hürde außerdem noch nahm, war indes die Friedrich-Glück-Schule in Oberensingen – mit 50,4. Besonders schlecht ging es für den Titelverteidiger in der Philipp-Matthäus-Hahn-Schule aus. Gerade mal 28,4 Prozent. Wobei er auch damit dort die Nummer 1 war.
Das gelang ihm in Reudern nicht, wo Sebastian Kurz sich als Lokalmatador entpuppte: Mit 47,2 (Gemeindehalle) beziehungsweise 46,3 Prozent schaffte er in seinem Wohnort die besten Ergebnisse und kam seinem großen Traum, Oberbürgermeister zu werden, dort so nah wie nirgends anders. Denn in allen 35 Wahlbezirken sonst blieb Heirich mal weniger, aber in der Regel deutlich vor ihm. Im Briefwahl-Bezirk 3 betrug der Abstand zum Beispiel 38 Prozent, und in der Seestraße Zizishausen, wo für ihn der Tiefpunkt erreicht war mit 15,8 Prozent, sogar über 40 Prozent.
Bei Friedrich Buck, dem Drittplatzierten, waren die Ausschläge wesentlich geringer – was bei einem Gesamtergebnis von 10,1 Prozent im Grunde auch nicht verwundert. Der Diplom-Ingenieur hatte die meisten Fans in der Philipp-Matthäus-Hahn-Schule, in deren Umkreis wohl viel grünes Klientel wohnt (darauf lassen zumindest die restlichen Ergebnisse schließen): 19,7 Prozent. Am wenigsten gefragt war er hingegen im Kindergarten Achalmstraße – mit 5,6 Prozent.
Petra Geier-Baumann war zwar selbst etwas enttäuscht von ihrem Ergebnis. Aber vielleicht sieht sie das bei Licht betrachtet etwas anders. 13,1 Prozent in ihrer Nachbarschaft im Enzenhardt sind durchaus beachtlich, auch im Gemeinschaftshaus B im Roßdorf (11,6) und in der Schlossbergschule (10,1 Prozent) wurde sie zweistellig. Am schlechtesten sah es für sie in der Friedrich-Glück-Schule aus: 3,1 Prozent.
Das Ergebnis dort dürfte auch Raimund Bihn besonders wehgetan haben. Bei der Veranstaltung unserer Zeitung hatte er sich zu Oberensingen als seiner Heimat bekannt – und wurde in der Glück-Schule gerade mal mit 1,7 Prozent bedacht. Da dürften die 3,9 Prozent im evangelischen Gemeindehaus auch nur ein schwacher Trost gewesen sein. Eins verbindet ihn übrigens mit Petra Geier-Baumann: auch er hatte im Enzenhardt mit 4,8 Prozent seine „Hochburg“.
Mit stolz geschwellter Brust (die er als Highlander ohnehin hat) kann Andreas Deuschle aus diesem Wahlkampf herausgehen. Gleich zweimal zweistellig zu werden (in der Roßdorfschule B mit 10,7 und in der Grundschule Raidwangen mit 10,2 Prozent) – das hätte ihm wohl niemand (außer er selbst) zugetraut. Da lassen sich die zwei Prozent in der Philipp-Matthäus-Hahn-Schule wohl locker verschmerzen.
Ja, und dann sind da noch die „Sonstigen“. Noch sind keine Details bekannt. Aber auffallend ist, dass sie (mit 16,9 Prozent) den größten Zulauf in der Rümelinstraße hatten, von wo die Internet-Kampagne zugunsten von Bürgermeisterin Claudia Grau wohl gestartet oder zumindest wesentlich befeuert wurde. Mit am schlechtesten schnitten die „Sonstigen“ übrigens im Wahllokal Dr.-Vöhringer-Heim mit 3,9 Prozent (in der Gemeindehalle Reudern war es noch ein Zehntelpunkt weniger) ab. Die Menschen dort oder in der Umgebung haben eben kein oder kaum Internet.