Nürtinger müssen noch mal an die Urnen

Kein Kandidat erreichte im ersten Wahlgang die absolute Mehrheit – 39,97 Prozent für Amtsinhaber Otmar Heirich

VON ANNELIESE LIEB

Spannungsgeladen war die Atmosphäre gestern Abend in der Glashalle. Holt Otmar Heirich im ersten Wahlgang die absolute Mehrheit oder müssen die Nürtinger am 23.Oktober erneut an die Urnen? Sie müssen. Für den Amtsinhaber votierten 39,97 Prozent. Damit fiel er deutlich unter die 50-Prozent-Marke. Die Wahlbeteiligung lag bei 42,9 Prozent.


NÜRTINGEN. Schon vor 18 Uhr füllte sich die Glashalle. Als die Wahllokale schlossen, waren die Stufen bereits besetzt. Gebannt starten die Wählerinnen und Wähler auf die Leinwand, auf der die EDV-Experten dann schon nach kurzer Zeit die ersten Wahlergebnisse einblendeten. Da zeichnete sich bereits ab, dass Amtsinhaber Heirich deutlich Federn lassen musste. Von der notwendigen absoluten Mehrheit war er deutlich entfernt. Als schließlich kurz nach 19 Uhr das letzte Ergebnis eingeblendet wurde, gab es keinen Wahlsieger. Enttäuschung bei den OB-Unterstützern, Freude bei den Heirich-Gegnern.
Auf Amtsinhaber Otmar Heirich entfielen 39,97 Prozent. Gefolgt von Rettungsassistent Sebastian Kurz mit 25,46 Prozent, Diplom-Ingenieur Friedrich Buck mit 10,13 Prozent, GIS-Koordinatorin Petra Geier-Baumann mit 7,04 Prozent, Personaltrainer und Eventmanager Andreas Deuschle mit 5,68 Prozent und Automobilverkäufer Raimund Bihn, der mit 2,59 Prozent auf dem letzten Platz landete.

Unter sonstige Stimmen große Zahl für Claudia Grau

Überraschend für manche Bürger die 9,12 Prozent, die auf die sonstigen Bewerber entfielen. 1119 Stimmen verbergen sich dahinter. Eine nicht unerhebliche Zahl der Wahlberechtigten hatte den Namen von Bürgermeisterin Claudia Grau auf den Stimmzettel geschrieben. Wie viele genau es sind, wird Andreas Erwerle, der Vorsitzende des Gemeindewahlausschusses, heute Abend in der Sitzung des Wahlausschusses bekannt geben.
Wie kam es zu der hohen Zahl an sonstigen Stimmen? Fans der Nürtinger Bürgermeisterin Claudia Grau hatten in den Tagen vor der Wahl eine E-Mail in Umlauf geschickt, auf der empfohlen wurde, den Namen von Claudia Grau auf den Stimmzettel zu schreiben. Dort hieß es, dass sich Frau Grau bereit erklärt habe, falls es zu einem bestimmten Prozentsatz an Stimmen kommen sollte, für die Stichwahl anzutreten.
„Ich wusste, dass es diese Mail gibt, das wurde mir aus verschiedenen Ecken zugetragen“, sagte Bürgermeisterin Grau gestern auf unsere Nachfrage. Sie habe darauf aber im Vorfeld nicht reagiert, weil sie ihre Entscheidung für den zweiten Wahlgang abhängig gemacht habe vom Ergebnis der ersten Wahl. Und wie fällt diese Entscheidung nun aus, nachdem der Amtsinhaber starken Gegenwind bekommen hat? Am Wahlabend selbst wollte sich Claudia Grau nicht festlegen, wie ihre Strategie jetzt aussieht. „Ich werde mich morgen mit Herrn Heirich zusammensetzen.“ Fest stand für Grau indes schon gestern Abend, dass sie ihren Hut in den Ring werfen will, sollte Heirich in einem zweiten Wahlgang nicht mehr antreten. Sie sei schon vor den Sommerferien von sehr vielen Bürgern angesprochen worden, zu kandidieren, deshalb habe sie sich mit dem Thema schon längere Zeit beschäftigt. Offensichtlich wurde sie darin auch von Gemeinderäten bestärkt, die Claudia Grau wohl schon im Vorfeld der Wahl gefragt hatten, ob sie sich für den Fall der Fälle eine Kandidatur vorstellen könne.
Wer zum zweiten Wahlgang am 23. Oktober antreten wird, muss sich bis Mittwoch, 18 Uhr, entscheiden. Nicht mehr dabei sein wird Petra Geier-Baumann. Sie hat ihren Rückzug bereits gestern Abend angekündigt. Sie hatte sich mehr Stimmen erhofft.
OB Heirich sagte in einer ersten Stellungnahme, dass er im zweiten Wahlgang erneut auf die Unterstützung der Nürtinger hofft. Kurze Zeit später im Interview für unsere Online-Ausgabe sagte Heirich, dass er das Ergebnis erst mit der Familie und Freunden besprechen wolle.
Alle anderen Bewerber – außer Sebastian Kurz, der sich durch das Wahlergebnis bestätigt fühlte und für den zweiten Wahlgang große Hoffnungen macht – ließen offen, ob sie erneut antreten werden. In der zweiten Runde haben auch neue Bewerber die Möglichkeit, zu kandidieren. Gemunkelt wurde gestern Abend auch, dass sich der Waldenbucher Bürgermeister Michael Lutz mit dem Gedanken trage, nun doch zu kandidieren. Lutz war von den Fraktionen schon vor den Sommerferien gefragt worden, hatte dann aber abgesagt.