Wer darf sich freuen?


VON ANNELIESE LIEB

Die Nürtinger müssen in zwei Wochen noch einmal an die Urnen. In der ersten Runde der Oberbürgermeisterwahl gab es keine Entscheidung. Amtsinhaber Otmar Heirich liegt zwar mit knapp 40 Prozent der Stimmen an der Spitze – das Ergebnis gibt aber keinen Anlass, gestärkt in die zweite Runde zu starten, geschweige denn sich zu freuen. Von Ohrfeige und Wahlschlappe war gestern die Rede. Manche sehen es auch als Warnschuss. Etliche Bürger, die in den fünf Gegenkandidaten keine wirkliche Alternative zum Amtsinhaber gesehen hatten, bedauerten, dass OB Heirich den Wahlkampf nicht offensiver geführt hatte, er zu fair zu seinen Gegenkandidaten gewesen sei. Denn gerade der junge Kurz, der sich mit seinen 25 Prozent gestern schon als halber Sieger gefühlt hatte, hatte in der Endphase der ersten Runde zu Mitteln gegriffen, die unter Umständen noch einer rechtlichen Überprüfung bedürfen.
Enttäuscht sind außer Kurz die vier anderen Gegenkandidaten. Auch Friedrich Buck, der die Fraktion Nürtinger Liste/Grüne hinter sich wusste, hatte sich insgesamt mehr erhofft als zehn Prozent.
Hinterfragt werden müssen auch die 9,1 Prozent der Stimmen für sonstige Bewerber. Vor allem, dass dort ein Name gleich in hoher Zahl auftauchte: Claudia Grau. Darin spiegelt sich ein Stück weit auch die Macht des Internets wider. Wurde hier versucht (auch von ihr?), mit verdeckten Karten mitzumischen?
Kann sich überhaupt jemand über das Wahlergebnis freuen? Nürtingen wird damit nicht in die positiven Schlagzeilen aufsteigen. Das müssen sich auch die Gemeinderäte deutlich vor Augen führen, die noch im Mai vollmundig verkündet haben, dass sie einen Gegenkandidaten suchen werden. Alles leere Versprechungen. Ermuntert hat man damit allenfalls Kandidaten, die sich, aus welchen Gründen auch immer, dadurch ermutigt sahen, für das Amt des Oberbürgermeisters zu kandidieren. Am Ende waren es fünf Gegenkandidaten zum Amtsinhaber. Keinem oder keiner ist es indes gelungen, die Nürtinger von seiner oder ihrer Qualifikation beziehungsweise der Fähigkeit, dieses Amt ausfüllen zu können, zu überzeugen.
Vor allem die Gemeinderäte sollten sich jetzt überlegen, wie es in der zweiten Runde weitergehen soll. Jetzt heißt es für alle Farbe zu bekennen. Denn es steht schließlich das Ansehen der Stadt auf dem Spiel.