Der weibliche Blick auf die Kommunalpolitik

Die Oberbürgermeisterkandidaten im Gespräch: Heute GiS-Koordinatorin Petra Geier-Baumann Sie ist die einzige Frau in der Bewerberrunde: Petra Geier-Baumann. Vor sechs Jahren ist sie mit ihrer Familie nach Nürtingen gezogen und hat sich jetzt ganz kurzfristig entschieden, für das Amt des Oberbürgermeisters zu kandidieren. Als berufstätige Mutter kennt sie die Schwachstellen und möchte deshalb das Thema Familie in den Mittelpunkt ihres Wahlkampfes stellen.

VON ANNELIESE LIEB

NÜRTINGEN. Petra Geier-Baumann, Vermessungstechnikerin, arbeitet seit sieben Jahren als GiS-Koordinatorin bei der Stadt Filderstadt. Sie bringt Verwaltungserfahrung mit und hat 2009 bei der Nürtinger Liste/Grüne für den Gemeinderat kandidiert. 1724 Stimmen hat sie im ersten Anlauf geholt.

Im Mai ist Petra Geier-Baumann an die Nürtinger Liste/Grüne herangetreten und hat der Partei signalisiert, dass sie mit der Kandidatur für das Amt des Oberbürgermeisters beziehungsweise der Oberbürgermeisterin liebäugelt. Damals freilich richteten die Parteien und Gruppierungen im Nürtinger Gemeinderat den Blick noch in die Nachbarkommunen. Hofften einen erfahrenen Verwaltungsfachmann, wie etwa die Bürgermeister Riemer oder Otte, für eine Kandidatur in Nürtingen gewinnen zu können.

Petra Geier-Baumann hat dann nichts mehr von der Nürtinger Liste/Grüne gehört und bis zum Schluss überlegt, ob sie auch ohne Parteiunterstützung antreten soll. Sie hat es in Abstimmung mit der Familie gewagt und mit ihrer Kandidatur viel positive Resonanz erfahren. Die 50 Unterstützerunterschriften hat sie mühelos zusammenbekommen. „Es ist toll, dass du antrittst“, haben ihr nicht nur Leute aus dem Enzenhardt-Forum, in dem sie mitarbeitet, kräftig Mut zugesprochen.

Hat eine weibliche Bewerberin einen anderen Blick auf kommunalpolitische Themen? Petra Geier-Baumann ist überzeugt, dass sie als berufstätige Ehefrau und Mutter an vielen Themen näher dran ist. Als sie sich mit ihrer Familie für Nürtingen entschieden hat, gefiel ihr nicht nur der Familienbonus beim Bauplatzkauf, auch die Kinderbetreuung erschien ihr ausreichend. Die Realität sehe oft anders aus, hat sie festgestellt. „Man muss immer punktgenau da sein, wenn die Kinderbetreuung um 13 Uhr endet.“ Deshalb plädiert sie als Oberbürgermeisterkandidatin auch für eine variable Abstimmung der Kleinkindbetreuung auf die Bedürfnisse der Mütter, und zwar altersübergreifend und wohnortnah.

Von vielen berufstätigen Eltern weiß Petra Geier-Baumann, dass die Ferienbetreuung sehr unzureichend ist und an den Bedürfnissen der Eltern vorbeigeht beziehungsweise sie gar nicht berücksichtigt. Deshalb spricht sie sich als Nürtinger OB-Kandidatin für eine Ferienbetreuung durch die Kinderkulturwerkstatt mit flexiblen Öffnungszeiten aus. Einsetzen will sie sich auch für Stadtteilarbeit von Trägervereinen mit Unterstützung der Stadt, zentrale Treffpunkte für Jugendliche und ausreichend Angebote für Kinder von 10 bis 14 Jahren und von sechs bis zehn Jahren. Zusammen mit den Bürgerinnen und Bürgern möchte sie Rahmenbedingungen für eine zukunftsorientierte Stadt schaffen, in der sich alle Generationen wohlfühlen.

Von Anfang an abgelehnt hat Petra Geier-Baumann die Bebauung des Großen Forsts. „Die exponierte Lage sollte nicht bebaut werden.“ Auch den Standort für die Biogasanlage lehnt sie ab. „Eine solche Anlage sollte näher an die Autobahn rücken.“

Zur Stärkung des Wirtschaftsstandortes plädiert sie vorrangig für eine Innenentwicklung, bei der Baulücken und Leerstände genutzt werden. Ein aktives Baulückenmanagement sei dabei wichtig. Zurückhaltung hält sie auch bei der Ausweisung neuer Baugebiete für angebracht. „Sanierung vor Erschließung“ lautet ihre Devise.

„Wenn Neubaugebiete geplant werden, dann sensibel und zukunftsfähig, zum Beispiel durch Passivhäuser und Blockheizkraftwerke“, schreibt sie auf ihrer Homepage.

Die Stadtteile sollen ihr Eigenleben behalten

Die Stadtteile müssten behutsam entwickelt werden. Darunter versteht die Vermessungstechnikerin, die Stärken und Eigenheiten zu erhalten und weiterzuentwickeln. Sie selbst ist in Möggingen, einem Stadtteil von Radolfzell, aufgewachsen und weiß, wie wichtig es ist, das Kleinklima der Ortschaften zu erhalten und zu stärken.

Das Stadtquartier Klein-Tischardt möchte OB-Kandidatin Petra Geier-Baumann zum Neckar hin öffnen und das ohnehin umstrittene Wörth-Areal damit zusammenhängend umplanen. Genau im Auge behalten müsse man die Innenstadtentwicklung und dann flexibel reagieren, wenn sich durch die Demografie die Bewohnerstruktur verändere. Dort könnten dann wieder junge Familien angesiedelt werden. Auf der Liste ihrer Ziele stehen auch Sanierungskonzepte für die Altstadt und Energiekonzepte, die dann zur Stärkung des örtlichen Handwerks beitragen.

Ein Anliegen ist der Mutter von zwei Kindern auch die „Verbesserung der Nahmobilität“. Hier nennt sie den Erhalt zentraler Bushaltestellen, weil vorrangig ältere Menschen den öffentlichen Personennahverkehr nützen würden, um zum Einkaufen in die Innenstadt zu fahren. Das sei auch wichtig für die Innenstadtbelebung. Notwendig sei in Nürtingen aber auch eine bedarfsgerechte Infrastruktur, damit sowohl Eltern mit Kinderwagen als auch ältere Menschen mit dem Rollator gut vorankommen.

Um die ausländischen Mitbürger stärker ins Alltagsgeschehen einzubinden, spricht sich OB-Kandidatin Geier-Baumann für die Erstellung einer Informationsbroschüre für Migrantinnen über das städtische Sport- und Freizeitangebot aus. Auch einen mehrsprachigen Leitfaden „Gesundheit“ würde sie auflegen und einen Arbeitskreis „Gesunde Stadt“ gründen, um eine intensive Kommunikation mit Vereinen und Trägergruppen zu fördern. Bei der Planung und Durchführung aller Maßnahmen im Bereich Sport und Freizeit sollen zukünftig geschlechterspezifische Aspekte berücksichtigt werden.