Sechs Kandidaten im Selbstporträt

Die Bewerber um das Amt des Nürtinger Oberbürgermeisters nutzten ihre Redezeit bei der offiziellen Vorstellung unterschiedlich. Nur ein Viertelstündchen – so viel Zeit erhielten die Bewerber um das Amt des Nürtinger Oberbürgermeisters, um bei der offiziellen Kandidatenvorstellung für sich zu werben. Fragen waren nicht erlaubt. Die sechs Bewerber nutzten dabei vorgestern vor 700 Menschen im K3N ihr Deputat unterschiedlich.

VON JÜRGEN GERRMANN

NÜRTINGEN. Dass es den Kandidaten freigestellt war, ihre Reden durch Powerpoint-Präsentationen zu illustrieren, erachteten dabei nicht alle als Gewinn, manche empfanden es auch als störend und ablenkend.


Otmar Heirich setzt auf seine Erfahrung

In 16.22,6 Minuten spielte Amtsinhaber Otmar Heirich vor allem eine Trumpfkarte aus – seine Erfahrung: „Ich habe 40 Jahre Kommunalpolitik auf dem Buckel. Je die Hälfte ehrenamtlich und hauptberuflich. Ich kenne also beide Seiten.“ Auch noch nach acht Jahren als OB von Nürtingen habe er „jede Menge Lust auf das Gestalten dieser schönen Stadt“. Und dies fordere den ganzen Menschen, das könne man nicht einfach nebenher erledigen.

Danach erläuterte Heirich die Schwerpunkte, bei denen er im Falle einer Wahl aktiv werden möchte: Bei Kinderbetreuung und Bildung, Sport, Kultur und Tourismus, Stadtentwicklung, Wirtschaft, Einzelhandel und Finanzen, Umweltschutz und Bürgerbeteiligung („Wir haben Fehler gemacht, daraus müssen wir lernen“) möchte er ansetzen. Generell ist der OB indes der Ansicht, dass Nürtingen mit ihm an der Spitze an Attraktivität und Lebensqualität gewonnen habe: „Es ist fahrlässig, das Gegenteil zu behaupten, die Stadt sollte auch im Wahlkampf nicht schlechtgeredet werden. Wir haben uns gut behauptet. Das ist die Wahrheit.“ Seine Arbeit sei erfolgreich gewesen: „Aber beendet ist sie noch nicht.“

Sebastian Kurz möchte Einbahnverkehr um die Innenstadt

In 15.15,2 Minuten entwarf Sebastian Kurz sein Gegenbild von der Zukunft der Stadt. Seine erste Forderung: ein „Politik- und Mentalitätswechsel im Rathaus“. Die Bürger sollten frühzeitig und regelmäßig über Planungen informiert werden, sämtliche Gemeinderats-Protokolle gehörten ins Internet. Die Fußgängerzone möchte er massiv erweitern (um Neckarsteige und Schlossberg) und darüber hinaus sowohl den bestehenden Einzelhandel stärken als auch das Entwicklungspotenzial der Stadt (das er nicht zuletzt durch eine Verlegung des Busbahnhofs erweitern möchte) nutzen. Zudem gehöre das Neckarufer zwischen Neckarhausen und Zizishausen belebt.

Die Ortsdurchfahrten in der gesamten Stadt möchte der staatlich examinierte Rettungsassistent entlasten – unter anderem durch ein Lkw-Durchfahrtsverbot. Eine Verbesserung des Altstadtrings könnte er sich dadurch vorstellen, dass man nur noch im Einbahnverkehr rund ums Zentrum kreisen dürfe, zudem gehörten Ampeln durch Kreisverkehre ersetzt. Wirtschaftsförderung bedeutet für ihn nicht zuletzt die Ansiedlung mittelständischer Unternehmen, die sich um Forschung und Entwicklung kümmerten.

Andreas Deuschle will nicht zuletzt den Sport fördern

7.09,3 Minuten brauchte Andreas Deuschle für seinen Acht-Punkte-Plan für Nürtingen. Eine große Rolle spielt dabei der Sport. So möchte er zum Beispiel die Ganztagsschulen um ein Sportinternat ergänzen. Zum Ausbau des Kultur- und Sportangebots gehört für ihn auch der Neubau einer Mehrzwecksporthalle für den TSV Zizishausen und die TG Nürtingen. Und auch die Schulsporthalle in Neckarhausen müsse ausgebaut werden. Zum Programm des Personal Trainers und Eventmanagers gehört auch die Sichtung von sportlichen Talenten in der Schule sowie die Förderung des Ehrenamts. Den Großen Forst möchte er freihalten und das Wörth als Naherholungsgebiet für alle Generationen erhalten. Er plädiert für die Förderung erneuerbarer Energien, spricht sich aber gegen die Biogasanlage am geplanten Standort aus.

Friedrich Buck möchte „Nürtingen wieder einen“

Während 13.46,3 Minuten entwickelte Friedrich Buck seine Vision von den neuen Wegen, die er in der Stadt gemeinsam mit Verwaltung und Bürgern gehen möchte, „um Nürtingen wieder zu einen und zur Bürgerstadt zu entwickeln“. Im kirchlichen Internat in Blaubeuren habe er gelernt, seine Meinung frei zu sagen, als Schulsprecher am Hölderlin-Gymnasium habe er die Fähigkeit erworben, anderen zuhören und auf ihr Anliegen eingehen zu können: „Das möchte ich mir erhalten.“

Als erstes Ziel nannte der Diplom-Ingenieur auch am Donnerstag ein Gesamtkonzept für die nächsten bis zu 30 Jahre. Dass sich die Nürtinger Bürger einbringen wollten, sei ein Schatz, den es zu heben gelte. Wobei Bürgerbeteiligung stets am Anfang eines Projektes geschehen müsse und die Ergebnisse daraus auch tatsächlich in den Entscheidungsprozess einfließen müssten. Um ein besseres soziales Miteinander zu erreichen, möchte Buck Vereine und Kirchengemeinden fördern. Und wenn er gewählt wird, soll über dem Amtszimmer des OB ein neuer Schriftzug angebracht werden: „Alle Macht geht vom Volke aus!“

Raimund Bihn gibt sich als „Mann der Tat“

Als „Mann der Tat“ versuchte sich Raimund Bihn während 13.33,6 Minuten zu präsentieren: „Ich halte, was ich verspreche, und habe keine Angst vor großen Aufgaben.“ Er sage da nicht: „Aller Anfang ist schwer.“ Sondern: „Wer wagt, gewinnt.“ Wenn man sachlich und fair miteinander diskutiere, könne man „gemeinsam Berge versetzen“. Zwischen Gemeinderat und Verwaltung seien die Fronten aber zurzeit so verhärtet, dass eine gedeihliche Arbeit fast unmöglich sei. Künftig gehörten aber Einzelinteressen in den Hintergrund, betonte der zertifizierte Automobilverkäufer: „Das Gemeinwohl muss im Vordergrund stehen.“ Es gelte, die Bürger wieder in die Entscheidungen einzubeziehen: „Nur als Team kommen wir voran.“

Die vielen Studenten in Nürtingen will er in der Stadt halten – durch Arbeitsplätze und Freizeitmöglichkeiten, die gleichermaßen attraktiv seien: „Wir müssen das verschlafene Nürtingen wecken, um es auf eine Stufe mit Städten wie Tübingen zu heben.“

Petra Geier-Baumann macht sich für Familien stark

„Nürtingen ist mir ans Herz gewachsen und zur Heimat geworden“, versicherte Petra Geier-Baumann gleich zu Beginn der von ihr genutzten 10.35,6 Minuten, in denen sie sich nicht zuletzt für Familien starkmachte. Als sie mit Mann und Kindern hierher gezogen sei, habe sie die Kinderbetreuung als „zu kompliziert, zu teuer und zu wenig flexibel“ erlebt. Inzwischen habe sich zwar etwas getan. Aber gut sei eben nicht gut genug. Aktionen wie die zum Weltkindertag im Kreuzkirchpark gehörten etwa in alle Stadtteile. Eine Offensive für Familien (auch durch Verbesserungen an den Schulen) sei finanzierbar: „Und Investitionen in Kinder sind Investitionen für die Zukunft.“ In der dürfe auch nicht alles zugebaut werden. Die Hoffnung auf mehr Gewerbesteuer dürfe kein Freibrief für mehr Versiegelung sein. Das Versprechen der bei der Stadt Filderstadt beschäftigten Vermessungstechnikerin: „Bei mir dürfen Sie mitreden, bevor die Planung überhaupt beginnt!“