Gemeinsam mit dem Gemeinderat Berge versetzen

Die Oberbürgermeisterkandidaten im Gespräch: Heute der zertifizierte Automobilverkäufer Raimund Bihn

Beim Redaktionsgespräch: Oberbürgermeisterkandidat Raimund Bihn. Foto: Holzwarth

VON ANNELIESE LIEB

NÜRTINGEN. „Mut zum Miteinander“ lautet Bihns Wahlkampfmotto. In gewissen Kreisen habe er schon vor geraumer Zeit angekündigt, dass es ihn besonders reize, in seiner Heimatstadt als Oberbürgermeisterkandidat anzutreten, berichtet der 39-Jährige. Er sei auch schon von Gemeinderäten aus Nachbargemeinden angesprochen worden, ob er nicht als Bürgermeister kandidieren wolle. Dort habe er allerdings abgelehnt, weil er mit den kommunalpolitischen Themen dort nicht so vertraut gewesen sei wie in Nürtingen.

Seit Mai hat Raimund Bihn fast keine Gemeinderatssitzung ausgelassen, um sich über die aktuellen kommunalpolitischen Themen in seiner Heimatstadt zu informieren. Wenn ein Verwaltungsfachmann mit Erfahrung gegen den Amtsinhaber angetreten wäre, dann hätte Bihn nicht kandidiert. Das ist aber nicht der Fall, also hat er seinen Hut in den Ring geworfen. Den Wahlkampf finanziert Bihn, geschieden und Vater von drei Söhnen, aus eigener Tasche. „Ich habe kein Wahlkampfteam, das mich coacht.“ Er hat zwar einzelne Unterstützer, die für ihn Wahlplakate aufhängen, die Unterstützung einer Partei hat er als parteiunabhängiger Kandidat indes nicht.

Raimund Bihn, gelernter Bürokaufmann und Karosseriebauer, der derzeit den Beruf des zertifizierten Automobilverkäufers ausübt (auf diese Berufsbezeichnung legt er großen Wert), hofft am 9. Oktober auf eine hohe Wahlbeteiligung. „Das Schlimmste, was passieren könnte, wäre eine schlechte Wahlbeteiligung.“ Wann, so überlegt Bihn, habe es bei einer Oberbürgermeisterwahl schon mal sechs Bewerber gegeben? Bihn hofft auf eine Wahlbeteiligung von über 50 Prozent. (Zur Erinnerung: Vor acht Jahren lag die Wahlbeteiligung bei vier Kandidaten im ersten Wahlgang bei 48,2 und im zweiten Wahlgang bei 46,7 Prozent).

Eines ist Raimund Bihn ganz wichtig: Er wolle als Oberbürgermeisterkandidat nichts versprechen, was er nicht halten könne. „Wer es jedem recht machen will, macht im Prinzip alles falsch“, schreibt er in seinem Wahlprospekt.

Der Wirtschaftsstandort Nürtingen müsse attraktiver werden. Darunter versteht er einerseits, neue Firmen anzusiedeln, andererseits aber auch den Bestand zu pflegen. Er will sich dafür einsetzen, dass sich in Nürtingen wieder neue Firmen ansiedeln und bei der Erschließung des Großen Forsts die Nürtinger Bürgerinnen und Bürger in die weiteren Planungsprozesse einbezogen werden. Den Wirtschaftsstandort zu stärken heißt für den zertifizierten Automobilverkäufer auch, die Gewerbesteuereinnahmen zu erhöhen. Das sei wichtig, um die Pro-Kopf-Verschuldung in der Stadt zu senken. Man könne die Nürtinger Bürger nicht noch mehr belasten, um die Schulden der Stadt zu senken. Sein erklärtes Ziel: „Nürtingen muss in naher Zukunft wieder schuldenfrei sein.“

Ein großes Anliegen ist allen Gegenkandidaten von Amtsinhaber Otmar Heirich die Bürgerbeteiligung. Da macht auch Raimund Bihn keine Ausnahme. „Ich will mich dafür einsetzen, dass es in Nürtingen wieder eine ergebnisoffene Bürgerbefragung gibt und diese nicht nur eine Alibi-Funktion ist.“

Eine seiner ersten Amtshandlungen, sollte er gewählt werden, werde sein, eine Bürgerbefragung in Nürtingen durchzuführen. Mit der Befragung, „wo die Nürtinger der Schuh drückt beziehungsweise was ihnen am Herzen liegt“, will Bihn jeden Haushalt erreichen und dann eine Bedarfsanalyse erstellen.

Mittel- bis langfristig brauche Nürtingen ein Stadtentwicklungskonzept. Dazu gehört für den Oberensinger, die Fußgängerzone zu beleben und räumlich und optisch besser zu gestalten. So will er neue Geschäfte für Nürtingen gewinnen. „Nürtingen muss attraktiver werden, damit Kunden aus der Stadt und aus dem Umland wieder gerne hierher zum Einkaufen kommen.“ Dazu gehört für ihn auch, den Pflasterbelag zu erneuern. Der sei jetzt über 30 Jahre alt und nicht mehr zeitgemäß für eine Große Kreisstadt.

Bihn will jungen Familien Bauplätze mit „Bonus“ anbieten

Die Kinderbetreuung in Nürtingen möchte der Familienvater ausbauen und dort wo notwendig auch Öffnungszeiten in den Einrichtungen bis 20 Uhr anbieten. Wichtig sind ihm dabei ausreichend Plätze für die Betreuung der unter drei Jahre alten Kinder. Mit der Erschließung des Baugebiets Innerer Gänslesgrund will der Oberbürgermeisterkandidat Bauplätze für junge Familien anbieten und zur Verbesserung der Infrastruktur im Enzenhardt ein weiteres Kinderhaus in Betracht ziehen. Für Familien, die sich in Nürtingen für ein Baugrundstück interessieren, möchte er den Familienbonus wieder einführen.

Mit seinen Zielen, so Bihn, habe er sich in seinem Wahlprospekt auf die wichtigsten Punkte beschränkt. „Mir ist es wichtig, dass wir, die Stadtverwaltung und die Bürgerinnen und Bürger Nürtingen gemeinsam gestalten.“ Deshalb will er ein Oberbürgermeisterkandidat der Herzen sein, zweimal in der Woche eine OB-Sprechstunde anbieten, jeweils einmal vormittags und einmal abends, „damit die Nürtinger Bürgerinnen und Bürger auch die Möglichkeit haben, ihre Sorgen und Nöte bei mir persönlich loszuwerden.“

Der zertifizierte Automobilverkäufer verspricht den Bürgern, dass er zusammen mit der Bevölkerung Nürtingen wieder zu neuer Stärke verhelfen will. Als parteiloser Kandidat reicht er dem Gemeinderat in alle Richtungen die Hand, „um gemeinsam wieder Berge versetzen zu können“ , heißt es in seinem Wahlprospekt.