Eine Bürgermeisterwohnung im Hölderlinhaus

Die Oberbürgermeisterkandidaten im Gespräch: Heute Diplom-Ingenieur Friedrich Buck aus Weilheim.

Redaktionsgespräch mit Oberbürgermeisterkandidat Friedrich Buck. Foto: Holzwarth

VON ANNELIESE LIEB

„Ein Oberbürgermeister muss Scharnier zwischen Verwaltung und Bürgerschaft sein, einen wertschätzenden Führungsstil pflegen und offen kommunizieren“, so die Vorstellung von Friedrich Buck, der als Kämpfer für das Hölderlinhaus vor geraumer Zeit auf sich aufmerksam gemacht hat und jetzt das Amt an der Spitze der Nürtinger Stadtverwaltung anstrebt.

NÜRTINGEN. Buck, seit 25 Jahren Parteimitglied bei den Grünen („ich war schon immer gegen Atomkraft“) hat sich erst entschieden, als Oberbürgermeisterkandidat in Nürtingen anzutreten, nachdem er sich der Unterstützung durch die Gemeinderatsfraktion Nürtinger Liste/Grüne sicher war. „Ich kann meiner Familie kein finanzielles Risiko zumuten.“ Buck will eher einen „Low-Budget-Wahlkampf“ führen, wie er im Redaktionsgespräch betont. Dass mit Petra Geier-Baumann eine weitere Bewerberin, die der Nürtinger Liste/Grüne nahesteht (sie hat 2009 bei den Grünen für den Gemeinderat kandidiert), sich als Oberbürgermeisterkandidatin bewirbt, ist für Buck eher ein belebendes Element. „Ich schätze ihren Mut, sich als erste Frau für das Amt des Oberbürgermeisters zu bewerben. Vielleicht ist aber die Zeit noch nicht reif für eine Frau.“

Die erste Berührung mit der Nürtinger Kommunalpolitik hatte Friedrich Buck, der in Beuren geboren ist, am Nürtinger Max-Planck-Gymnasium Abitur gemacht hat und heute mit seiner Familie in Weilheim lebt, im Zusammenhang mit dem geplanten Abriss des Hölderlinhauses. Dass dieses Haus am Schlossberg für einen Neubau geopfert werden sollte, das hat ihn empört. Dieses Gebäude müsse unbedingt erhalten werden, dort müsse nicht nur eine Gedenkstätte für Hölderlin eingerichtet, sondern auch das Sattler-Archiv untergebracht werden. Dort, so überlegt er, könnte er sich auch vorstellen, dass die Stadt eine Bürgermeister-Wohnung einrichte. Denn auch der Stiefvater Friedrich Hölderlins, Gok, sei in Nürtingen Bürgermeister gewesen.

Die Auseinandersetzung ums Hölderlinhaus habe dann offensichtlich werden lassen, dass Nürtingen in Sachen Bürgerbeteiligung Nachholbedarf habe. „Nürtingen braucht eine echte Bürgerbeteiligung.“ Die Bürgerinnen und Bürger seien besonders engagiert und „deshalb wollen sie auch frühzeitig in Planungsprozesse einbezogen werden“. Unter Bürgerbeteiligung versteht der 48-jährige Diplom-Ingenieur Buck, mit den Bürgerinnen und Bürgern Gesamtkonzeptionen zu erarbeiten – „und zwar, bevor es um Detailfragen geht.“

Erfahrung in Sachen Bürgerbeteiligung bringt er aus Weilheim mit. Dort hat er sich im Arbeitskreis Stadtentwicklung, Verkehr und Tourismus engagiert und war Sprecher der Arbeitsgruppe „Innenstadt – Einzelhandel, Verkehr, Tourismus“. Auch für die Entwicklung der Stadt- und Ortsteile möchte Friedrich Buck Gesamtkonzeptionen erarbeiten. Darunter versteht er eigene Zentren, eine ordentliche Verkehrsanbindung und Stadtteilräte. Der Weilheimer Diplom-Ingenieur möchte als Oberbürgermeister die Stärken von Nürtingen herausarbeiten. „Nürtingen hat Qualität.“

Bei der Aufstellung seiner Wahlkampfziele hat er sich gefragt, was Nürtingen ausmacht. Nürtingen ist für ihn die Stadt am Fluss, Heimat Hölderlins und Studentenstadt. Als Studentenstadt habe Nürtingen indes zu wenig Gastronomie. Hier müssten Treffpunkte geschaffen werden (zum Beispiel Studentencafés), mit denen man die Studierenden in der Stadt halten könne. Buck denkt hier an ein Konzept, wie Nürtingen zu einer echten Studentenstadt werden könnte. Vielleicht, so seine Vorstellung, könnte ein solches Konzept auch zusammen mit den Studenten entwickelt werden.

Die Stärken Nürtingens sieht Friedrich Buck indes auch in der Gewerbe- und Industriestadt, in der Schulstadt und in der Energie- und Kulturstadt. Unter diesen Schlagworten versteht er als Oberbürgermeisterkandidat, dass auf der Gemarkung nach Standorten für regenerative Energien gesucht werden sollte. „Man müsste die Stadtwerke öffnen.“ Die geplante Biogasanlage hält der Grüne für ein sinnvolles Projekt am Standort Nürtingen. 100-prozentig möchte er sich auf den Standort Großbettlinger Gatter indes noch nicht festlegen. Um die Großbettlinger mit ins Boot zu holen für das Biogas-Projekt, könnte sich Buck vorstellen, Großbettlingen an die Stadtwerke anzuschließen und die Gemeinde am Gewinn zu beteiligen. „Das könnte die Akzeptanz in Großbettlingen erhöhen.“

Buck möchte mit den Bürgern Gesamtkonzepte erarbeiten

Wichtig für Nürtingen, so der Vater von drei Söhnen, sei ein authentisches Marketing. Sein Motto: „Wir schaffen engagiert – wer zu uns passt, ist herzlich willkommen.“ Und nach diesem Grundsatz will Buck – sollten ihn die Nürtinger zu ihrem Oberbürgermeister wählen – auch auf Firmen und Investoren zugehen. Den Großen Forst hält er für einen sehr schwierigen Standort für ein Gewerbegebiet. Die Böden sind ihm zu wertvoll und das Thema Wasserhaushalt sei auch nicht geregelt. Zusammen mit den Bürgern möchte er ein Konzept erarbeiten, bei dem die Fragen, was braucht Nürtingen, in welcher Größe und wo ist ein geeigneter Standort, im Vordergrund stehen sollen.

Stärken möchte Friedrich Buck als Oberbürgermeisterkandidat auch die Beziehung der Generationen untereinander. Dazu gehören für ihn Mehrgenerationenquartiere, ein Kinderbauernhof und Treffpunkte für Jugendliche. „Gemeinsam schaffen wir’s“ ist sein Wahlkampfmotto.

Buck sieht sich auch als geeigneter Moderator, der dazu beitragen will, dass sich das Klima in der Stadt wieder verbessert. „Als Ehemann einer Übersiedlerin und Vater von drei Söhnen war es notwendig, sich mit gewaltfreier Kommunikation auseinanderzusetzen. Ich lernte, dass mit geeignetem ,Handwerkszeug‘ und Einfühlung entscheidend dazu beigetragen werden kann, ob ein Konflikt eskaliert oder nicht“, schreibt er auf seiner Homepage.